Bachissimo
Beni Araki (Lautencembalo/ Lute Harpsichord)
Beni Araki spielt Werke von Johann Sebastian Bach auf einem für sie angefertigten Lautencembalo des Cambalobauers Christian Fuchs (Frankfurt am Main, 2010) in norddeutscher Bauweise in Anlehnung an historische Instrumente gebaut.
Suite E-Dur, BWV 1006a
Prélude - Loure - Gavotte en Rondeau - Menuet I & II - Bourrée - Gigue
Suite e-Moll "aufs Lautenwerck", BWV 996
Praeludio (Passagio-Presto) - Allemande - Courante - Sarabande - Bourrée - Gigue
Präludium und Fuga Cis-Dur, BWV 872 (Das Wohltemperierte Klavier Teil II Nr. 3)
Sonata in d-Moll nach der Violinsonata a-Moll, BWV 964
Adagio - Thema, Allegro - Andante - Allegro
Suite g-Moll, BWV 995
Prelude-très vite - Allemande - Courante - Sarabande - Gavotte I & II en Rondeau - Gigue
Präludium und Fuga B-Dur, BWV 866 (Das Wohltemperierte Klavier Teil I Nr. 21)
Präludium c-Moll, BWV 999
Suite c-Moll, BWV 997
Prelude - Fuga - Sarabande - Gigue-Double
Präludium, Fuge und Allegro Es-Dur für Laute oder Cembalo, BWV 998
Prelude - Fuge - Allegro
Recording: CD 1: Prof. Thomas Görne, Yue Liu, Lisette Lindberg, Clemens Helmchen (HAW Hamburg Tonlabor), August 2012 / CD 2: Peter Weinsheimer, August 2021, Ev. Andreaskirche Berlin-Wannsee
Cover Foto: Hideo Suzuki
TT 60:46 Min. + 58:04 Min., Bestellnummer: pT-1341, EAN 4250523313415, primTON 2022
Das Lautenwerk, ein in Vergessenheit geratenes Tasteninstrument?
Ein Lautenwerk, auch Lautencembalo oder Lautenclavecymbel genannt, ist ein Tasteninstrument, ähnlich dem Cembalo, das allerdings nicht mit Metall- sondern mit Darmsaiten bespannt ist. Beim Lautencembalo verklingen die Saiten ohne Dämpfung, was dem Klang eine besondere große Tiefe verleiht. Lautenwerke wurden gebaut von Johann Christoph Fleischer, Christian Ernst Friederici, Johann Nikolaus Bach und Zacharias Hildebrandt. Beschreibungen des Instruments finden sich in der Fachliteratur des 16.-18. Jahrhunderts. Johann Sebastian Bach hatte 1740 den Instrumentenbauer und Silbermannschüler Zacharias Hildebrandt angeregt, ein Lautenclavecymbel für ihn anzufertigen. Wie sehr Bach dieses Instrument geschätzt hat, können wir der Tatsache entnehmen, dass sich in seinem Nachlass zwei Lautenwerke befanden. Obwohl das Lautenwerk im 18. Jh. verbreitet gewesen ist, ist leider kein einziges originales Instrument erhalten geblieben. Ein Grund hierfür mag darin liegen, dass das Saitenmaterial recht teuer und nicht sehr lange haltbar war. Daher wurden zahlreiche Instrumente zu Cembali umgebaut.
Das Instrument dieser Aufnahme wurde von dem Cembalobauer Christian Fuchs in Frankfurt am Main in der norddeutschen Bauweise gebaut, in Anlehnung an historische Instrumente von Fleischer, Zell, Mietke und Vater.
Der Saitenbezug ist einchörig. Es gibt zwei Springerreihen: die eine zupft die Saite nahe am Steg an, die zweite etwas weiter vom Steg entfernt, so dass zwei Klangfarben zur Auswahl stehen. Die Register können mittels Pedal schnell umgeschaltet werden, wodurch der Eindruck erweckt wird, es handele sich um ein zweimanualiges Instrument. (Christian Fuchs)
Meine Begegnung mit dem Lautenwerk – persönliche Notizen
Meine erste Begegnung mit dem Lautenwerk war vor etwa fünfzehn Jahren im Bach-Museum in Leipzig, wo ich ein Konzert spielen durfte. Kurz vor meinem Auftritt berührte ich zufällig eines der dort stehenden Instrumente und war spontan von dem ganz besonderen Klang beeindruckt. Als ich ein paar Jahre später die Werkstatt des Cembalobauers Christian Fuchs in Frankfurt am Main besuchte, spielte ich zum ersten Mal sein Lautenwerk und kam nicht mehr davon los. Ich war fasziniert von dem einzigartigen sonoren Klang, der an eine Harfe, aber auch an ein Cembalo erinnerte und dieser hybride Eindruck zog mich so an, dass ich die Werkstatt an einem anderen Tag nochmals mit einem ganzen Stapel von Noten besuchte und viele Stunden blieb. Christian Fuchs lieh mir sein Opus 1 (ein Instrument im italienischen Stil) aus und ich hatte im Jahr 2007 in Berlin die Gelegenheit, einige Cembalowerke, hauptsächlich aus dem Frühbarock, darauf zu spielen. Kurz darauf gab ich bei ihm ein Lautenwerk in Auftrag. Ich wollte auch Bach darauf spielen, also entschied ich mich für den deutschen Stil, was den Tonumfang und die Form angeht. Ein Kollege von mir sagte, ich sei verrückt, dass ich mir ein Instrument bestellte, das niemand kennt. Und er hatte Recht, sogar unter Cembalisten und in der Alten-Musik-Szene war das Lautenwerk nahezu unbekannt und manche bezweifelten sogar seine historische Existenz. Für mich war es jedoch nicht so wichtig, ob ich mit dem Lautenwerk Auftrittsmöglichkeiten bekommen würde. Ich war einfach begeistert von seinem Potenzial und von der Möglichkeit, über die konventionellen barocken Tasteninstrumente Cembalo, Clavichord und Orgel hinauszugehen. Es reizte mich, zu experimentieren und das Repertoire von der Renaissance bis Spätbarock für Tasteninstrumente, Lauten und Harfen darauf auszuprobieren. Erste Literaturrecherchen ergaben, dass das Lautenwerk nicht nur Bach interessierte, sondern in zahlreichen wissenschaftlichen Werken des 16. bis 18. Jahrhunderts erwähnt wird. So in Sebastian Virdungs 1511 erschienener "Musica getutscht und ausgezogen", in dem 1690 erschienenen Werk "Historische Beschreibung der edelen Sing- und Kling-Kunst" von Wolfgang Caspar Printz, in der ”Historisch-theoretischen und practischen Untersuchung des Instruments der Lauten" von Ernst Gottlieb Baron (1727), schließlich in Jakob Adlungs berühmtem Buch „Musica mechanica organoedi“ aus dem Jahr 1768. Das überzeugte mich, das Lautenwerk war also keine “Fata Morgana”, sondern es existierte tatsächlich mehr als 250 Jahre lang, d. h. während der ganzen Epoche, in der auch das Cembalo aktiv war. Und es leuchtete ein, die gleichen Darmsaiten, die für Streichinstrumente verwendet wurden, auch für Tasteninstrumente zu nutzen.
Der Barockfagottist und Maler Adrian Rovatkay entwarf für das Instrument ein dekoratives Gemälde, und im Jahr 2011 wurde das Lautencembalo schließlich fertiggestellt. Im folgenden Jahr, kurz nachdem ich mit dem Instrument in Berlin und anderen deutschen Städten Konzerte gespielt und auch drei Werke Johann Sebastian Bachs aufgenommen hatte, kam mein Sohn zur Welt und ich nahm eine Auszeit vom Lautenwerk. Erst im Frühjahr 2020, als Deutschland sich wegen der Corona-Pandemie im Lockdown befand, als alle Konzerte ausfielen, der Unterricht an der Universität online ablief und ich mit dem Homeschooling meines Sohns beschäftigt war, verspürte ich, dass das Lautenwerk darauf wartete, gespielt zu werden. Als ich mich nach so langer Zeit wieder mit seinem Klang befasste, war mir sofort klar, dass dies das Instrument ist, das meine Seele immer wieder ausfüllt und mein Herz beruhigt. Ich spielte Bachs Lauten- und Cembalowerke und war so glücklich, die unaussprechliche Schönheit dieser Musik wieder zu erleben. Ich spürte, dass sich Bachs Klangwelt, die ich so gut zu kennen glaubte, erweiterte und vertiefte. Ich hatte damals das Glück, Stipendien des Berliner Senats und von der Deutschen Bundesregierung zu erhalten und konnte mich dadurch ganz dem Studium des Lautencembalos widmen und viel Zeit mit dem Instrument und dem entsprechenden Repertoire verbringen. Kurz vor den Aufnahmen im Jahr 2021 habe ich mit Unterstützung des Berliner Cembalobauers Christian Rothe das Plektrum des Instruments von einem Vogelfederschaft auf Leder umgestellt, wodurch der Ton weicher und sanfter wurde. Schließlich erklärte sich Thomas Hammer bereit, die entstandenen Aufnahmen auf CD zu veröffentlichen. So entstanden diese CDs und ich hoffe, dass der Klang dieses Instruments, der mir einen neuen Blick auf die Schönheit in der Welt eröffnet hat, die Herzen aller erreicht, die ihm zuhören.
Mein Dank gilt Christian Fuchs, Adrian Rovatkay und Christian Rothe für die Verwirklichung all meiner persönlichen Wünsche an das Instrument, Prof. Thomas Görne und Peter Weinsheimer für ihre Geduld mit meiner Besessenheit vom Klang des Instruments, Natsumi Komatsu für das Design des Covers und Thomas Hammer für die Veröffentlichung unter seinem Label, Dr. Klaus Harer für die Redaktion meines deutschen Booklettextes. Meinem Mann und meinem 9-jährigen Sohn danke ich für ihre ständige Unterstützung.
Und....
Die einzigartige Klangwelt des Lautencembalos nicht nur mit Bachs Musik, sondern auch mit Werken anderer Komponisten hörbar zu machen, das ist mein nächster Wunsch.
Beni Araki
1. Suite in E-Dur, BWV 1006a
Diese Suite, in Bachs Autograph ohne Angabe über das Instrument überliefert, ist eine Bearbeitung der berühmten Partita für Violine solo in E-Dur (BWV 1006). Es ist erstaunlich und zeugt von der Vielschichtigkeit der Komposition, dass diese Bearbeitung für Lautenwerk bzw. Laute, obwohl sie in derselben Tonart E-Dur wie die Violin-Partita steht, einen völlig anderen Charakter annimmt. Das glänzende Präludium mit seiner heiteren und feierlichen Pracht verwendete Bach auch in der bekannten „Ratswahlkantate“ (BWV 29). Er transponierte es nach D-Dur und orchestrierte es als Sinfonia mit Solo-Orgel und mit Pauken und Trompeten. Sehr interessant ist, wie grundlegend sich der Charakter dieser genialen Musik durch die instrumentaltechnischen Anpassungen verändert. Die Analyse der Orgelfassung in D-Dur, deren Notierung alternative Tastenmuster aufweist, half mir, dieses Stück noch besser zu verstehen.
2. Suite in e-Moll, BWV 996
Diese Suite wurde lange Zeit für eine Lauten-Komposition gehalten, da auf dem Titelblatt der Hauptquelle der Vermerk "aufs Lautenwerck" stand. Lautenisten sagen jedoch, dass sie technisch sehr schwer zu spielen ist und für Laute zu tief liegt. Auf einem Lautencembalo hingegen klingen die mittleren und tieferen Lagen sehr gut und es gibt keinerlei spieltechnische Probleme. Besonders reizvoll ist die Eröffnungspassage des Praeludios mit ihren Sechszehntel-Kaskaden: Da das Lautencembalo keine Dämpfer hat, ist es ein wahres Vergnügen, im Strudel dieses Klanges gefangen zu sein.
3. Präludium und Fuge in Cis-Dur, BWV 872 (aus: Das Wohltemperierte Clavier. Zweiter Teil, Nr. 3)
Zunächst möchte ich ein paar kurze Erläuterungen zum Begriff „Wohltemperiertes Clavier“ geben. Zu Bachs Zeiten war noch die Verwendung der mitteltönigen Stimmung üblich, mit der die verbreitetsten Tonarten sehr rein klangen, weiter entlegene Tonarten (mit mehr als vier Vorzeichen) jedoch unschön wirkten. Auf dem Weg zur heute üblichen, so genannten „gleichschwebenden“ Stimmung schlug der barocke Musiktheoretiker Andreas Werckmeister zwischen 1681 und 1691 sein System von Stimmungen, die er „Temperaturen“ nannte, vor, in denen alle 24 Tonarten gespielt werden können. Nach diesem System, heute als Werckmeister-Stimmung bezeichnet, werden die zwölf Halbtöne der Oktave nicht unbedingt gleichmäßig verteilt, sondern es geht dabei um eine möglichst gute Anpassung der perfekten Quinte an einigen Stellen, so dass jede Tonart einigermaßen gut, jedoch bisweilen recht unterschiedlich klingt, Diese gute Stimmung (Temperierung) ist es, die Bach mit seinem Werktitel „Das wohltemperierte Clavier“ meint. „Clavier“ bedeutet hier ganz allgemein „Tasteninstrument“. Den Charakterunterschied der Tonarten zu zeigen, etwa zwischen C-Dur und dem einen Halbton höheren Cis-Dur, ist eines der Ziele, die Bach mit seinem Werk verfolgte.
In dieser Aufnahme habe ich mich konsequent für die dritte Stimmung nach Werckmeister entschieden.
Das Präludium und Fuge in Cis-Dur (BWV 872) ist ein besonderes Meisterwerk im zweiten Teil des „Wohltemperierten Claviers“. Das Präludium vermittelt am Anfang trotz der stabilen harmonischen Stütze im Bass beinahe das Gefühl, als ob es in einer anderen Welt gespielt würde. Das zu Beginn noch unsichere harmonische Gleichgewicht stabilisiert sich nach und nach und das Stück endet in einem Allegretto-Fugato im Drei-Achtel-Takt. Man hat den Eindruck, aus einem Traumzustand geweckt worden zu sein. Auf das Fugato folgt die "richtige" Fuge mit einem sehr einfachen, viertönigen Thema. Im Verlauf der Fuge bilden sich in jeder Stimme schnelle Passagen, als würden sich Verzweigungen aufblättern und aufblühen und sie führen zu einer Coda über einem massiven Orgelpunkt.
4. Sonata in d-Moll, BWV 964, nach der Sonate für Violine solo in a-Moll, BWV 1003
Für mich ist es nicht verwunderlich, dass Bach selbst diese Violinsonate für Cembalo bearbeitet hat. Die Schönheit der Violinsonate wurde meisterhaft auf die Klaviatur übertragen und jeder Satz hat seinen eigenen unvergleichlichen Charakter. Vor allem die ausgedehnte Fuge des zweiten Satzes ist besonders beeindruckend.
5. Suite in g-Moll, BWV 995, nach der Suite für Violoncello solo, BWV 1011
Bach selbst hat dieses einzigartige Werk, das er ursprünglich für Violoncello solo komponierte hatte, für die Laute bearbeitet. Der melancholische und schattenhafte Charakter der Tonart g-Moll kommt in der Schönheit des Präludiums auf erhabene Weise zum Ausdruck. Die Sarabande ist wie ein japanisches Haiku – ein meditatives und knapp gehaltenes Stück, das mit seinen reduzierten Mitteln umso wirkungsvoller Stimmung, Emotion Farben und Lebenssinn auszudrücken vermag. Ich bekenne, dass ich zunächst zögerte, dieses Stück auf dem Lautencembalo zu spielen, das gegenüber dem Violoncello weniger Möglichkeiten hat, Intensität und Ausdruck zu erzeugen. Aber ich wollte mich auch der Herausforderung stellen, einen Raum wie eine Tuschzeichnung entstehen zu lassen.
6. Präludium und Fuge in B-Dur, BWV 866 (aus: Das Wohltemperierte Clavier. Erster Teil, Nr. 21)
Dieses toccatenartige Präludium ist nicht als Presto bezeichnet, aber es beginnt mit schnellen Arpeggien und Passagen, die in eine plötzliche Dissonanz münden. Ein anschließender rezitativartiger Teil endet mit Arpeggien, die über drei Oktaven aufsteigen. Die Fuge im Drei-Viertel-Takt hat ein sanft bewegtes viertaktiges Thema, dessen letzten beiden Takte eine Fortspinnung von ein und derselben Figur sind, eine bei Bach öfter vorkommende thematische Form. Im Falle dieses Stücks bewirkt dies den Eindruck des Innehaltens, im Gegensatz zu dem dynamischen, fast dramatischen Gestus im Präludium. Die Fuge wird getragen von gemächlichen und sanften Modulationen und Übergängen und erfreut das Ohr in einem ungestörten tänzerischen Vergnügen.
7. Präludium in c-Moll, BWV 999
Das Präludium, ein kleines Meisterwerk, wurde durch ein Manuskript des Thüringer Organisten Johann Peter Kellner überliefert und ist heute als Gitarrenstück bekannt.
Im Manuskript ist es in der üblichen Schreibweise eines Klavierstücks notiert. Da es aber gut auf einem gezupften Instrument gespielt werden kann, wird es meist als Lautenstück eingeordnet. Trotz seiner Kürze ist es mit seinem charakteristischen Arpeggien-Motiv eine unvergessliche Musik. Das Stück endet mit einem Dominant-Akkord, der eine Fortsetzung in c-Moll erwarten lässt. Wir wissen leider nicht, ob diese Fortsetzung verloren gegangen ist oder gar nicht komponiert wurde.
Auf dieser CD lassen wir auf das Präludium ein anderes Werk in der passenden Tonart c-Moll folgen, die Suite BWV 997.
8. Suite in c-Moll, BWV 997
Die ganze Suite, vom Prelude bis zur abschließenden Gigue ist von Affekten wie „Widerstreit” und „Schmerzen” durchdrungen. Zu Beginn des Preludes setzen die Oberstimmen dreimal dasselbe Motiv fort und die Anspannung wächst, während der Bass Ton für Ton stufenweise absteigt. Der Verlauf ist wie ein langsamer Zickzackweg, der bald auf ein dissonantes Hindernis stößt, sich in einen Trugschluss verstrickt und nur auf Umwegen zurückfindet zur Tonika. Auch das Thema der Fuge ist in dieser Weise geformt: die fünf Noten auf der Tonleiter nach oben, dann der Sprung um eine Septime nach unten und der chromatische Aufstieg bis zum Hauptton C. Dieser Effekt kommt freilich am besten in der historischen Stimmung (nach Werckmeister) zur Wirkung. Auch die Sarabande nutzt die Charakteristik der Tonart c-Moll voll aus, gesteigert zu einem tragischen Affekt. Die Gigue hat die Lebendigkeit eines Tanzes, jedoch ist ihr Thema durch leittönige Dissonanzen charakterisiert, die es in seinem Lauf zu halten scheint. Im Double – einer verzierten Wiederholung – hingegen laufen die lebendigen Sechszehntel ohne Störung der Harmonie. Man spürt die Kraft der Musik, jede Schwierigkeit und jede schmerzhafte Dissonanz in die unaussprechliche Tiefe des Sinnes zu sublimieren. Das ist die Art von Musik, die den Geist weckt. Als ich dieses Stück einmal im tiefsten Herbst in Berlin spielte, bemerkte einer der Zuhörer, dass es perfekt zu dieser Jahreszeit passe. Die melancholische Stimmung, die dieses Stück durchdringt, ist in der Tat eine sanfte Begleitung für den düsteren deutschen November.
9. Präludium, Fuge und Allegro Es-Dur für Laute oder Cembalo, BWV 998
Am Anfang ist es, als ob die Oberstimme vom Himmel herabsteigt und der Bass auf den Hauptnoten stehen bleibt. Dann setzt sich der Bass in Bewegung und die Musik moduliert nach B-Dur und entwickelt sich weiter. Es ist ein ganz einfaches, aber auch ganz einzigartiges Motiv. Für mich ist es etwas Himmlisches. Die Fuge setzt den Charakter des Präludiums fort, entwickelt aber in der zweiten Hälfte das Thema in Variationen. In ihrer Stilistik korrespondiert dieses Werk mit der Suite in der Paralleltonart c-Moll (BWV 997), hat aber einen gegensätzlichen Charakter. Der Schlusssatz, ein Allegro im Dreiertakt, ist fröhlich und beschwingt, wie die Welt von Sanssouci, das Schloss Friedrichs des Großen in Potsdam, dessen Name so viel wie "Ohne Sorge" bedeutet.
Beni Araki
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